Unsere große Herausforderung nach dem 7. Oktober

Stiftung Zukunft Berlin startet Dialog über respektvolles Zusammenleben in der Stadt.

Berlin, 29. Januar 2024. Mit einem Gesprächsforum im Neuköllner Campus Rütli hat die Stiftung Zukunft Berlin (SZB) einen neuen Dialogprozess über respektvolles Zusammenleben in Berlin nach dem Terrorüberfall der Hamas vom 7. Oktober begonnen. Erörtert wurden von den Teilnehmenden aus Pädagogik, Politik, Kultur und Zivilgesellschaft die Erfahrungen seit dem 7. Oktober und Wege, weiteres Auseinanderleben und gegenseitige Abschottung verschiedener Teile der Berliner Gesellschaft zu verhindern.

Alle Teilnehmenden sahen in dem Gesprächsforum einen wichtigen Impuls zum Gegensteuern. Denn die gemeinsame Beobachtung war, dass ohnehin bestehende Barrieren in der Stadtgesellschaft seit der Eskalation im Nahen Osten noch einmal deutlich höher geworden sind. In den Praxisberichten wurde deutlich, dass es inzwischen sowohl auf jüdischer als auch auf muslimischer Seite den Trend gibt, offene Worte lieber zu vermeiden und den Dialog gar nicht mehr zu suchen – aus Angst vor öffentlicher Stigmatisierung oder Kritik innerhalb des eigenen engeren Umfeldes.

In dieser Problematik spiegelt sich das generelle Problem, dass es oft hohe Hürden gegenüber einer Identifikation mit der Stadtgesellschaft als Ganzer gibt, nicht zuletzt auch aufgrund eigener Ausgrenzungserfahrungen. Demgegenüber jetzt die Dialogbereitschaft wieder zu fördern und gegenseitiges Vertrauen herzustellen, ohne wechselseitig unterschiedliche Sichtweisen und Prägungen infrage zu stellen: Mit diesem Ziel will die SZB in den kommenden Monaten weitere Impulse geben.

Ideen dazu waren bei der Veranstaltung in Neukölln unter anderem:

  • Alle in der Stadt müssen noch stärker darauf achten, andere nicht wegen ihrer kulturellen oder-religiösen Orientierung unter Generalverdacht zu stellen.
  • Angebote zur politischen Bildung müssen gestärkt und dürfen nicht abgebaut werden, aber dabei ist ein ganzheitlicher und dauerhafter Ansatz nötig, der die Probleme nicht im Bildungswesen ablädt.
  • Sowohl Antirassismus als auch die Arbeit gegen Antisemitismus sollten zum generellen Schwerpunkt bei der Fortbildung im pädagogischen Bereich werden.
  • Es ist wichtig, die vielen Beispiele engagierter, respektvoller Dialogarbeit in Berlin stadtweit besonders herauszustellen, damit deren Vorbildfunktion sichtbarer wird.
  • Die bessere Vernetzung dieser Initiativen untereinander würde den Erfahrungsaustausch erleichtern und die einzelnen Projekte stärken.
  • Auch eine Verbreiterung des Problembewusstseins innerhalb der Stadtgesellschaft (zum Beispiel auch in Wirtschaft, Kultur und anderen Bereichen) wäre hilfreich.
  • Seit dem 7. Oktober ist es noch dringlicher geworden, die Dialogfähigkeit (faire Konflikt- und Streitkultur in Respekt und mit echtem Interesse aneinander) in der Stadt zu stärken, weil nur so Brücken über die neuen/vertieften Gräben hinweg gebaut werden können.

SZB-Vorstandssprecher Markus Dröge zu den Ergebnissen des Forums: „Berlin steht seit dem 7. Oktober vor einer besonders großen Herausforderung. Wenn nun schon Menschen – sowohl aus jüdischen als auch aus arabischstämmigen oder generell aus muslimischen Familien – überlegen, wie lange sie angesichts von Antisemitismus oder auch Rassismuserfahrungen noch in Berlin bleiben sollten, ist das ein absolutes Alarmzeichen. Die persönlichen Berichte dazu in dem Forum auf dem Campus Rütli waren eindrucksvoll und berührend. Aber unsere gemeinsame Stadtgesellschaft ist auch menschlich und stark genug, wirkungsvoll gegenzusteuern. Dazu müssen wir uns jetzt alle für mehr respektvollen Dialog engagieren. Die Stiftung Zukunft sieht sich dafür als Forum und wird weitere Anstöße geben.“

Das Projekt wird gefördert durch: