Rückblick: Berlin Capital Club Diskussionsrunde zum Berliner Demokratietag
Berliner Demokratietag 2023 – „Demokratie ist eine Mitmacht!“ Diskussionsrunde am 15. September 2023 im Berlin Capital Club
Anlässlich des vierten Berliner Demokratietages am 15. September lud die Stiftung Zukunft Berlin am Morgen zum politischen Frühstück in den Berlin Capital Club ein. Dort wurde unter dem Motto: „Demokratie ist eine Mitmacht!“ zwischen Vertreter: innen aus Politik, Verwaltung und Zivilgesellschaft diskutiert, wie die Demokratie im Allgemeinen und das demokratische Engagement der Stadt geschützt und gefördert werden kann. Der Berliner Demokratietag wurde von der Stiftung Zukunft Berlin in Kooperation mit der Initiative Offene Gesellschaft und dem Migrationsrat Berlin organisiert und durch die Senatsverwaltung für Kultur und Gesellschaftlichen Zusammenhalt gefördert.
Beate Stoffers, Geschäftsführerin und Vorstandssprecherin der Stiftung Zukunft Berlin moderierte die Veranstaltung und stellte in Ihrem Grußwort an die ungefähr 40 Teilnehmenden die Frage, was getan werden kann, damit sich Menschen wieder gehört und eingebunden fühlen.
Inhaltliche Inputs kamen von Oliver Friederici, Staatssekretär für Gesellschaftlichen Zusammenhalt. Er betonte, dass es wichtig sei, die Themen, die Menschen bewegen immer wieder auf die Agenda zu setzen, um die Resilienz unserer Demokratie zu fördern und zu stärken.
Friederici sprach sich anlässlich des jüdischen Neujahrsfestes Rosch Haschana auch für ein entschiedenes Entgegentreten gegen Antisemitismus aus und bekräftigte seine Bestürzung zu zwei antisemitischen Vorfällen in Berlin pro Tag.
Prof. Dr. Stefan Gosepath, Philosoph und Professor am Institut für Philosophie der Freien Universität Berlin, bezog sich in seinem Redebeitrag auf die Liberale Demokratie und mahnte an, dass der Demokratiebegriff an sich prinzipiell von jedem Land der Welt in Anspruch genommen würde. Zentrale Ordnungselemente einer echten Demokratie seien aber vor allem die Debatte und der Streit.
Die liberale Demokratie könne sich regenerieren, wenn ein Konsens für moralische und rechtliche Grundlagen bestehe. Die Menschen müssten davon überzeugt sein, für diese Prinzipien einzustehen. Es brauche dazu vor allem Strukturen und Räume, in denen sich die Menschen mit all ihren Bedürfnissen gegenseitig begegnen können. Er warnte davor, dass sich Gesellschaften auseinanderdividieren.
Dr. Siri Hummel, Direktorin des Maecenata Instituts beleuchtete den Begriff Zivilgesellschaft genauer. Sie schaute zum einen auf die rechtlichen Formen der Vereine, Stiftungen, aber auch Initiativen und neue soziale Bewegungen außerhalb von Vereinsstrukturen. Sie alle würden von einem Wertekatalog zusammengehalten und basieren auf der Logik der Freiwilligkeit und Gemeinnützigkeit.
Sie ging aber auch auf den abstrakten Begriff der Zivilgesellschaft ein, im Sinne einer Advocacy – also der öffentlichen Einflussnahme auf die Politikgestaltung. Hummel erwähnte das Shrinking Civic Space-Projekt des Maecenata Instituts, das auf der Beobachtung beruht, dass sich der Handlungsspielraum für die Zivilgesellschaft und der Raum für bürgerschaftliches Handeln und Partizipation im Allgemeinen verändern und sich in vielen politischen Wahlkreisen verschlechtert haben.
In den zahlreichen Wortmeldungen wurde u.a. auch die Forderung nach Räumen für demokratische Teilhabe wiederholt, beispielsweise von Judtih Galka von der Zentral- und Landesbibliothek. Sie betonte, dass Menschen sich vor allem in Räumen wie Baumärkten oder Bibliotheken begegnen würden. Claudia Nickel vom Landesverband der Kita- und Schulfördervereine Berlin-Brandenburg bemängelte, dass diese Vereine trotz des großen Inputs in das Bildungssystem kaum Unterstützung erhalten würden.
Der Rechtsruck der Gesellschaft wurde ebenfalls thematisiert. Arthur Kießling, Mitwirkender der Initiative Auf Augenhöhe der SZB und mittlerweile studentischer Mitarbeiter im Deutschen Bundestag, warnte davor, dass junge Menschen sich nicht mehr gehört fühlen und die Frustration der jungen Generation das Abdriften in die rechte Ecke fördere. Sabine Töpfer, Mitglied des Stiftungsrats der Stiftung Zukunft Berlin kritisierte, dass zahlreiche Volksentscheide der Bevölkerung nicht umgesetzt wurden. Der Frust mit den Parteien führe zum Erstarken der AfD. Miteinander in Kontakt zu treten sei sehr wichtig. Auch die Kürzungen des Bürgerhaushalts wurden kritisch angesprochen, unter anderem von Andreas Richter vom Deutschen Institut für Community Organizing (DICO).
Koray Yılmaz-Günay vom Migrationsrat Berlin kritisierte, dass das Wahlrecht noch zu sehr an die Staatsangehörigkeit gekoppelt sei. AfD-Wähler:innen seien schließlich nur Wahlberechtigte.
Beate Stoffers fasste die Diskussionsrunde mit der Forderung zusammen, dass Debatte und Solidarität in unserer Gesellschaft gefördert werden müssen. Gleichzeitig brauche es ein geschärftes Verständnis zu demokratischen Prozessen. Insgesamt müsse das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger zurückgewonnen werden. Sie freute sich über das Einverständnis des Staatssekretärs für Gesellschaftlichen Zusammenhalt, Friederici, gemeinsam am Demokratiefördergesetz zu arbeiten.