Rückblick Berlin Conference: Impulse für ein resilientes Europa
( Ganz unten finden Sie den Bericht der Konferenz in englischer Sprache /
At the bottom, you will find the conference report in the English language. )
Zusammenfassung des Konferenzergebnisses
von Markus Dröge
Worum ging es beim Thema der Konferenz?
Es ging um eine resiliente Zukunft für Europa, das heißt ein nachhaltiges Europa, das mit Störungen so umgehen kann, dass die eigenen Grundlagen und Werte erhalten bleiben und gegenwärtig und zukünftig gelebt werden können. „Nachhaltigkeit“ haben wir dabei in zweifacher Weise verstanden: es geht sowohl um ökologische Nachhaltigkeit, als auch darum, die Demokratie nachhaltig zu sichern.
Was tragen die Ergebnisse der sechs Arbeitsgruppen zu einem resilienten Europa bei?
Die erste Arbeitsgruppe „A City is not a country“ mit dem Impulsgeber Eric Corijn aus Brüssel hat herausgearbeitet, dass die Städte die neue Gesellschaftsform des Zusammenlebens in Europa darstellen. Immer mehr Menschen leben in Städten; Menschen unterschiedlicher Kultur, Herkunft, Weltanschauung. Durch diese Entwicklung wird die Nation als Gesellschaftsform überholt. Wahlrecht sollten deshalb alle Bürgerinnen und Bürger der Städte haben, unabhängig von ihrer Nationalität. Um Europa resilient zu machen, ist es notwendig, kulturelle und soziale Projekte und Organisationen auf europäischer Ebene institutionell anzusiedeln. Auch kleinen kulturellen Projekten und sozialen Trägern muss es möglich gemacht werden, an europäischen Finanzierungsprogrammen zu partizipieren. So entsteht europäisches Bewusstsein an der Basis. So wird Europa erlebbar. So werden europäisch orientierte Aktivitäten transnational abgesichert.
Die zweite Arbeitsgruppe „AI and the Future of European Culture“ mit dem Impulsgeber Haris Pašović aus Sarajevo hat sich stark dafür eingesetzt, die Entwicklung und den Einsatz Künstlicher Intelligenz als einer Zukunftstechnologie ökonomisch zu stimulieren, mit europäischen Programmen und Joint Ventures. Dabei bedarf die Entwicklung dieser Technologie flankierender Maßnahmen im Bildungsbereich (Aus- und Weiterbildung von Lehrenden und Lernenden) und in der Bearbeitung von ethischen Fragestellungen. Wenn es gelingt in diesem Dreiklang von wirtschaftlicher Förderung, Bildung und ethischer Begleitung eine spezifisch europäische Entwicklung dieser Technologie einzuleiten, dann kann damit auch eine spezifisch europäische Kultur des Umgangs mit Künstlicher Intelligenz entwickelt werden.
Die dritte Arbeitsgruppe „Doughnut Economy Rehab“ mit der Impulsgeberin Marieke van Doorninck aus Amsterdam hat die Forderung aufgestellt, lokales Wirtschaften sehr viel stärker als bisher zu unterstützen. Fortschritt darf nicht mehr rein quantitativ, sondern muss qualitativ definiert werden. Die ökologischen Schäden, die das auf quantitatives Wachstum ausgerichtete Wirtschaften bis dato angerichtet hat und die Kosten der Regenerierung müssen klar in den Blick genommen werden. Europa muss aktuell auf der Klimakonferenz COP 28 eine eigene Haltung der Verantwortung für vergangenes Handeln und der kreativen Gestaltung der Zukunft zeigen. Europa muss deutlich machen, dass und wie es Wachstum zukünftig demokratiefördernd gestaltet.
Mit der Impulsgeberin Dominika Lasota, Klimagerechtigkeits-Aktivistin aus Polen, hat die vierte Arbeitsgruppe das Thema „How can we win a just, green future & beat the far-right at the same time? A story of hope from Poland” bearbeitet und sehr konkrete Vorschläge für zwei Bereiche vorgelegt: Im Bereich ökologischer Verkehrspolitik fordert die Gruppe eine Europäisierung der Eisenbahngesellschaften und eine stärkere Besteuerung von Flugtickets und Flugbenzin. Im Bereich Sozialpolitik werden die Stärkung der Teilhabe unterrepräsentierter Gruppen und die Unterstützung von sozialen Basisbewegungen eingefordert. Damit werden die zwei Bedeutungs-Aspekte eines nachhaltigen Europas betont: das ökologisch-nachhaltige Europa soll durch eine neue Verkehrspolitik vorangebracht werden und die nachhaltige Stärkung der Demokratie soll durch Unterstützung der Basisbewegungen erreicht werden.
Die fünfte Arbeitsgruppe hat mit dem Impulsgeber Bartosz Szydłowski aus Krakau über das Thema „Art as a vehicle of hope“ gearbeitet. Kunst und Kultur stärken den einzelnen Menschen, damit er besser Veränderungsprozesse mit vielerlei unvorhersehbaren Entwicklungen verkraften kann. Kunst und Kultur sind „Agenten für Veränderung“, sie erlauben es dem Individuum mit Irrationalem umzugehen, wecken und stärken Selbstbewusstsein. Damit wird nicht der Individualisierung von Problemen das Wort geredet, es wird vielmehr Vertrauen vermittelt, mit Herausforderungen umzugehen. Es geht um Risiko-Resilienz. Die individuellen Kräfte werden als soziales Kapitel gestärkt. Damit Kunst und Kultur diese Rolle spielen können, muss die Arbeit von Kunstschaffenden mehr gewürdigt und unterstützt werden. Dezentrale künstlerische Projekte müssen nachhaltig gefördert werden.
Eine Arbeitsgruppe besonderer Art hat Jelle Dierickx aus Mechelen geleitet: „Embracing Europe as an aural reality“. Auf einer kleinen Exkursion, ausgehend vom Pariser Platz, haben die Teilnehmenden ein vertieftes Hören eingeübt: Wie hört sich Europa an? Wie klingt Diversität? Was geschieht jetzt schon in Europa? Welche guten Beispiele gibt es zu hören? Wie nehmen wir Kunst und Kultur wahr? Aus einem neuen Hören entsteht neues Handeln. Wer hört, was schön ist, bekommt Mut für das Neue. – Diese sechste Gruppe hat eine neue Haltung eingeübt – unterwegs zu einer europäischen Spiritualität!